Freitag, 27. März 2009

XXALPS 2004 -5-




Mittwoch, den 25.August

Kein Wunder, dass die Abfahrt zweimal abgebrochen werden muss. Einmal um mich kurz zu orientieren, das zweite Mal weil ich versucht habe meine Handschuhe, unten ist es schön warm geworden, durch das geschossene Fenster ins Auto zu werfen. Sie tropften ab und landeten auf der Strasse - Wenden, Zeitverlust. Das Ganze zeigt anschaulich, dass dringend eine Schlafpause nötig wird - auch weil die ganze Straßenbreite für das Zeichnen von Schlangenlinie ausgenutzt wird. Es geht nicht anders. Das Wohnmobil muss die paar km von Biasca uns entgegenfahren. Ich schaff das nicht mehr.
Hinlegen, und weg. Für knapp über ne Stunde Schlaf. Der muss aber tief sein. Anscheinend rasten wir genau neben der Bahnlinie. Im Minutentakt donnern die Züge vorbei. Gut, dann arbeiten wenigstens die Crewmitglieder ! Denn, als ich weiter will ist Alles vorbereitet. Jetzt geht es also rauf auf den Lukmanier.

Das Wetter zeigt sich beim Tagesanbruch wieder von der besten Seite. In der klaren Höhenluft wird es jedoch bei der Auffahrt immer kälter. Gegen meine anhaltende Müdigkeit - ständig falle ich in Sekundenschlaf - hilft aber nur der resolute Einsatz der Hupe. Irgendwie wird dieser Übergang eher zur Last denn zur Lust. Außerdem pfeift uns ein eiskalter Wind um die Ohren, welcher die positive Wahrnehmung dieses Fleckchens Erde auch nicht gerade steigern kann. Oben angekommen registrieren wir lumpige 3 Grad Celsius.

Valentin scheint besser aufgestellt. Er passiert uns auf der Passhöhe. Auf der rumpeligen Abfahrt schließen wir wieder auf und fahren für eine Weile auf dem Weg zum Oberalppass gemeinsam.


Er ist schneller und eilt davon. Auf der angenehm zu erklimmenden Oberalppasshöhe haben wir den Österreicher aber wieder.


Insgesamt scheint die Schweiz ein Einsehen mit uns Radlern zu haben. Die Abfahrten in der Schweiz sind durchweg flüssiger und angenehmer zu bewältigen als die wahnsinnssteilen und rumpeligen Talfahrten im Österreichischen und Italienischen Sektor der Strecke.
Schnell sind wir in Andermatt und nehmen sodann den Gotthard in Angriff. Die neue Trassenführung ist zwar angenehm - ein Blick auf die alte Tremola zeigt jedoch anschaulich die Bedeutung des Wortes Strassenbaukunst. Großartig, wie die Ingenieure und die Arbeiter damals diesen wichtigen Handelsweg in die Landschaft eingepasst haben !


Hinab nach Airolo ! Hier gibt es richtig Speed. Zusammenfalten zu einem Stromlinienkörper und “sauen” lassen. Unter wartet dann die Wohnmobilcrew. Ich wird ne Kurzdusche nehmen müssen. Es zeigt sich ein kleiner Ausschlag an den Innenseiten der Oberschenkel - vermutlich von Salz, Schweiß, Dreck.


Beim Blick aus dem Fenster bekannte Gesichter. Welche Überraschung. Frau Renz hat Ihre Aussage wahr gemacht, hat Ihre Tochter und den Sohn ins Auto gepackt und ist jetzt in Airolo auf uns getroffen. Wir sind mächtig stolz auf diese Aufwartung !!! Das ist wie die berühmte “Extra Portion Milch” für meine Psyche.
Eigentlich kein Wunder, dass dabei auch der für Radfahrer furchtbare , jedoch bei Landschaftsgenießer im Auto hochgeschätzte Nufenenpass seinen ärgsten Schrecken einbüsst. Oben angekommen muss eine Dose Ölsardinen dran glauben. Nicht alle Crewmitglieder können dieses Verlangen nachvollziehen. Um keine großen Diskussionen aufkommen zu lassen verschlinge ich diese “Meeresfrüchte” Ratz Fatz.


Der Blick ins Berner Oberland und ins Wallis ist phänomenal. Es ist auch gar nicht mal so grausig kalt jetzt.
In rasender Fahrt rauschen wir ins Obergoms. Hier trennen wir uns von Familie Renz, welche auf direktem Wege das Ziel in Monaco ansteuern, wahrend wir uns am späten Nachmittag erst mal den Grimsel “reinziehen”. Nun, wir haben versprochen uns in Monaco wiederzusehen - mit aufgeben ist jetzt wohl nicht mehr !!



Gleichmäßig erstrampeln wir uns die breit ausgebauten Rampen und werden dabei von allerlei Objektiven abgelichtet.
Oben im Restaurant muss erst mal der Darm entleert werden bevor wir samt Rad auf glattem Asphalt nach Innertkirchen “schwingen”.



Den herrlichen Duft frisch geschlagener noch sonnenwarmer Nadelholzstämme in der Nase, schlafe ich mal eben kurz für 10 Minuten und knöpfe dann Wolfgang das für Reinhard gekaufte Eis ab.
Auch Franz meldet sich bei uns und wünscht gute Fahrt auch weiterhin.


Am Brienzersee braut sich ein gar garstiges Wetter zusammen und nicht viel später beginnt es in den letzten Momenten mit Tageslicht doch noch zu regnen. Dem Wunsch und der Hoffnung das Wetter möge ins Gebirge hinein ziehen wird uns jedoch nicht stattgegeben. Das Wetter macht auf dem Fuß kehrt und erwischt uns auch dem Weg nach Zweisimmen erneut . Und diesmal aber richtig. Es prasselt geradezu herab. Es macht keinen Sinn so weiterzufahren. Unter einem Tankstellendach finden wir einigermaßen Schutz vor den vom Himmel fallenden Wassermassen. Schlafpause. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ich überhaupt keinen Rhythmus mehr finden kann und von flüssigem Treten absolut keine Rede mehr sein kann. Auch werden die Schmerzen beim Sitzen und noch schlimmer an den Fußsohlen immer verhehrender. Ohne ein paar Ibuprofen Tabletten geht es jetzt nicht mehr. Diese Abhängigkeit beeinflusst meine psychische Abwehrkraft auch noch zusätzlich negativ, das weiß ich von anderen vergleichbaren Situationen beim RAAM. Ich muss mich mit der neuen Situation erst arrangieren. Da kommt die Pause gerade recht.



In dem Katastrophenwetter merken wir, dass wir ausrüstungstechnisch, was das Pacecar anlangt nicht gerade ideal aufgestellt sind. Wir haben keine Schlafmöglichkeit im Auto. Und noch schlimmer, keine Stehhöhe. So ist umziehen bei Dauerschiff immer eine Weltuntergangssituation. Die gehörig der Crew und mir an den Nerven nagt. Reinhard ruft das Wohnmobil an.
Arme Schweine, dürfen jetzt von Martigny, kaum hatten sie sich für ein paar Minuten hingelegt uns entgegenfahren. Aber bei diesem Schlechten Wetter brauchen wir das Wohnmobil als Basislager.


Eigentlich hatten wir vor das Wohnmobil so wenig wie möglich auf der eigentlichen Route mitzuführen um der nicht “diensthabenden” Schicht eine bessere Erholung zu ermöglichen. Aber jetzt ist eben Alarm.

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