Freitag, 27. März 2009

XXALPS 2004 -4-

Dienstag, den 24.August
Barbara musste mich wecken, so hat diese “Minischlafpause” Ihren Wert nicht geltend machen können. Wir brauchen leider doch eine richtige Pause. Die erste richtige, nach 36 Stunden. Prad kann ich unter keinen Umständen mehr erreichen. In Schlangenlinien zuckele ich dahin. In Marling bereiten wir der Qual ein Ende - die Isomatte auf einem Parkplatz ausgelegt und dann “Schäfchen gezählt”. Nach 55 min wache ich von selbst wieder auf. Rauf aufs Rad - und - es ist immer wieder erstaunlich - es geht voran als wäre ich niemals müde gewesen.
Einmal noch einen kurzen “Ausflug” zur Darmerleichterung in einen der Strasse nahen Weinberge, ansonsten erreichen wir ohne Probleme unser Wohnmobil. Leider hat es angefangen zu regnen.

Crewwechsel. Das hält uns nicht lange auf und wir erklimmen in der Folge bei wieder nachlassendem Regen, dafür aber gespenstisch ziehenden Nebelschwaden die Grandiose Bergwelt des Ortlers und seiner Trabanten. Zwar gut bei Kräften, so ist doch nicht wenig Kampf bei den miesen Bedingungen zum Erklimmen des Joches angesagt.


Es ist oben wieder arschkalt. Uns bleibt nichts anderes übrig “volles Programm “ zu gehen - Warm Essen ( Nudelsuppe ), polarmäßig verpacken.


Das Wetter hält Ausflügler ab, so ist die Abfahrt ob der unbeleuchteten Tunnels ganz vernünftig zu fahren.



In Bormio dann der nächste Brocken, der Gavia. Ich bin gespannt. Auf dem Weg nach und kurz nach St. Caterina habe ich aufgrund übermäßiger Müdigkeit mit allen möglichen Dingen zu kämpfen - kann dieses Tief aber ob der Eindrücke der großartigen Naturlandschaft zum Glück schnell wieder verlassen. Und strebe im einsetzenden Starkregen unaufhaltsam der Passhöhe zu.


Es gießt mittlerweile wie aus Kübeln; so dass der Job von Hubertus, meine Reifen nachzupumpen und die Kette zu ölen auch nicht gerade ein Quell der puren Lust ist.
Über die Regenklamotten kommt noch die Neonfarbene Windjacke drüber. Irgendwie soll man mich im inzwischen extrem dichten Nebel ja erkennen. Sichtweite unter 20 m !!!! Tendenz fallend !!



Es ist der blanke Wahnsinn da jetzt runterzufahren. Im Schneckentempo kriechen wir mit höchster Konzentration- stur zu Tal. Keine Chance die Löcher in der holprigen Strasse zu sehen. Man wird Ihrer erst gewiss, wenn man unsanft durchgeschüttelt wird. Krampfhaft umklammere ich den Lenker auf dass er nicht meinen Händen entrissen werde. Die unbeleuchteten Tunnels sonst die pure Apokalypse für den zu Tale surfenden Rennradfreak, sind die reinste Wohltat. Man sieht im Scheinwerferlicht des Pacecars wenigstens wo es hingeht.
Der teils vorhandene Verkehr stoppt jedoch auf der sehr schmalen Strasse, nur einspurig mit Ausweichen, den Vorwärtsdrang der Automobilisten in unserer 4- samkeit. Ich fahre voraus. Werde jedoch bald wieder eingeholt, auch ein Tankstop in Ponte di Legno hält die Crew nicht wesentlich auf. Bei nächster Gelegenheit halten wir an um uns der Regenkleider zu entledigen - es ist hier im Tal zu warm dazu - außerdem hat es jetzt aufgehört. Als Entschädigung für den Abfahrtshorror bekomme ich ein Eis.


Der Aprica ist kein wesentliches Hindernis, aufkommende Müdigkeit und eine sich zaghaft durch die Wolken brennende Sonne erscheinen einen Mittagsschlaf als angebracht erscheinen zu lassen.!0 min Schlafen, Socken wechseln, Zähnputzen - Alles wieder im grünen Bereich. Ab Edolo schifft es wieder.



Ein Glück an dieser Strelle, ist doch der Bernina von Süden her bei Wolken und kühlem wetter auch trotz einer “Naturdusche” bedeutend angenehmer zu fahren als in brütender Sommer- Mittagshitze. Oben am sich endlos ziehenden Pass erreichen wir das erste signifikante Zwischenziel : die 1.000 km Marke - 50 h und 30 min haben wir hierfür gebraucht - in Anbetracht der Topographie gar nicht so schlecht.


Die Abfahrt ins Oberengadin ist mal Eine von der angenehmen Sorte. Schnell, flüssig, guter Asphalt. In St. Moritz treffen wir die Wechselcrew. Sie haben Ihre Sonderaufgabe gut gelöst. Zeitgenau warme, frische Pommes Frittes - und das in St. Moritz. Nun, Kaviar wäre wahrscheinlich einfacher gewesen, nur ist das wohl jetzt nicht das Richtige für meinen Magen.
Unwirkliche Abendstimmungen versüßen die Überfahrt über den Julier, die grandiose Abfahrt nach Thusis tut ihr Übriges dazu die Stimmung weit im grünen Bereich zu halten - Auch der übereifrige Schweizer Gendarm, welcher meinte er müsse unbedingt für einen Stop sorgen und uns belehren wie man sich den auf Schweizer Strassen so verhält und was sein kann und was sein darf, konnte daran nicht rütteln. Hier halfen auch die gute Diskussionsfähigkeit von Wolfgang und Reinhard, währenddessen Barbara und ich mit Kleiderwechsel, Essen und Beleuchtungs -Montage die Zeit überbrückten. Jetzt brach bereits die dritte Nacht herein.


Wir fahren die Via Mala hoch. Irgendwann passiert es dann - was nicht sein soll, dennoch aber bei mir leider immer wieder vorkommt. Nasenbluten. Das ist dann meist auch gleich von der eher schlimmen Sorte. Das rote Lebenselixier schießt gerade zu aus den Nasenlöchern. Jetzt auch gleich Stereo - aus beiden gleichzeitig. Ich lasse es einfach laufen. Tropf, tropf, tropf,... Das Rad , die Hose, Schuhe, Socken, Alles wird gnadenlos eingesaut. Nach ca. einer halben Stunde lässt es ein wenig nach. Wir halten an. Wolfgang und Barbara versuchen das Equipement einigermaßen wieder abzuwaschen, während ich am Straßenrand ein “Blutbad” anrichte. Ich lasse es einfach auf die Strasse laufen.



Muss ja am nächsten Morgen bei Tag im angetrockneten Zustand wohl wie das Überbleibsel einer Wilderei aussehen. Zum Glück ist die Auffahrt über Splügen nach Hinterrhein und dann weiter auf den St. Bernhardino eher moderat. Es rollt. Aber es zieht sich. Die Bluterei hat Nerven gekostet - und Konzentrationsfähigkeit.


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