Freitag, 10. April 2009

Ab durch die Mitte...-1-




...auf das Wesentliche reduziert - auf dem Stuart Highway nonstop durch Australien 2006


...dorthin, wo der Pfeffer, nein, der Eukalyptus wächst...„Mama, wo kommen denn die kleinen grünen Bonbons her?“, fragt der Kleine .“Dort, wo der Eukalyptus wächst“ wird die Mama antworten.
Wie recht sie doch hat. Immerhin fast 90 % des Baumbestandes in Australien, jener für uns Mitteleuropäer ach so fernen Landmasse am anderen Ende der Welt, besteht aus allerlei Ab- und Unterarten dieses Gewächses.
Eukalyptus...diesmal in "abgefackelter" Form...

Nun soll es ja beileibe nicht so sein, dass man dort ständig diesen so scharfen, aber dennoch beliebten Geruch in der Nase habe, wird einem berichtet, wenn gleich die „furchtbar“ süßen Koalabärchen, welche sich ausschließlich an den grünen, stark mit diesen Ätherischen Ölen durchsetzten Blättern laben, eben genauso wie ein solches Bonbon duften.

Die bevorstehende, ewig lange, mithin mehr als einen ganzen Tag dauernden Reise, hat mich zwar in der Vergangenheit davon abgehalten mir selbst ein Bild von dieser riesigen, einzigartigen Insel, welche gleich auch noch der fünfte Kontinent unserer Mutter Erde ist, zu machen, aber im Laufe des Frühjahrs brechen auch diese Dämme.
Gleich mehrere Gründe sind hierfür verantwortlich:

erstens: ich will Radfahren – Radfahren in einer anderen Dimension.


Also fahren ohne Grenzen, ohne geographische und verkehrstechnische Hemmnisse, wie sie durch die starke Zersiedelung unserer heimatlichen Sphäre vorgegeben sind, einfach weiter, immer weiter. Hier bietet dieses, an der Fortbewegungsgeschwindigkeit eines Radfahrers gemessen, geradezu schrecklich ausgedehnte Land fast unerschöpfliche Möglichkeiten.

Zweitens: ich will diesen neuen, anderen, für mich so fremden Kontinent entdecken. Eine indianische Weisheit lehrt uns, dass unsere Seele nur so schnell reisen kann, wie unsere Beine uns vorwärts tragen können – ich lege mir das ein wenig großzügiger aus und erlaube mir die Fortbewegung mittels der technischen Maschine Fahrrad (wird ja immerhin noch aus eigener Kraft angetrieben). Damit will ich meinen Sinnen die Möglichkeit eröffnen wie ein Staubsauger alle am Wegsrand vorzufindenden Eindrücke in mich hineinzusaugen und in meinem „Staubsaugehrbeutel“ (= meinem Bewusstsein) festzuhalten.

Und last but not least, also drittens, verknüpfe ich das gleich noch mit einer sportlichen Intention. Nein, Rad fahren über eine Distanz von über 3.000 km ist mir noch nicht genug!


Es darf jetzt auch ein bisschen mehr sein. Und zwar nonstop!


Gerry Tatrai, der australische Ultraheros hat hier die Marke in den rauen Asphalt von Down Under gemeißelt. 1996, auf dem Höhepunkt seiner Radkarriere, welche ihm immerhin zwei Siege beim prestigeträchtigsten aller Nonstop Radrennen über die Ultra Distanz, dem fast 5.000 km langen RaceAccrossAmerica bescherten, machte er sich drauf und dran die Strecke von Darwin, im tropischen Norden der Insel gelegen, mitten durch das australische Outback, direkt nach Adelaide, am Süd Ende der Insel, am indischen Ozean, in nur 5 Tagen und 23 Stunden zurückzulegen. Genau diesen Rekord will ich mit nach Deutschland, auf die Schwäbische Alb, nehmen.




Um das Ganze in die Tat umzusetzen, brauche ich erst mal noch eine Begleitmannschaft. Die wird die Aufgabe haben hinter mir herzufahren, mich also vor dem von hinten heranbrandenden Verkehr zu schützen, mein Gepäck, wie Ersatzmaterial und Wechselwäsche zu transportieren und vor allem aber mich ständig mit Trink- und Essbarem zu versorgen. So, dass ich mich aufs Treten konzentrieren kann – das wird auch bitter nötig sein. Kalkuliert man die Vorgabe von Gerry einmal durch, so müssen immerhin über 500 km am Tag zusammengestrampelt werden.
Hoffentlich haben wir dann da keinen Gegenwind und ....


Um überhaupt eine realistische Chance zu haben, lege ich den Versuch in den australischen Winter. Da ist es nicht ganz so heiß am Tag, 35 Grad reichen ja auch, und nachts kühlt es, zumindest im Outback richtig ab. Einstellige Temperaturwerte sind in der extrem trockenen Luft beileibe keine Seltenheit. Mit der „Kälte“ komme ich erfahrungsgemäß wesentlich besser zurecht als mit der Hitze, ich kann mich ja auch warm anziehen.
Mitte August sitzen wir schließlich im Flieger. Zu viert.
Alexandra will sich hauptsächlich ums Fotografieren kümmern, beim betreuen ist sie noch Rookie, also Anfänger.
Ihr zur Seite steht Sabine, selbst aktive Triathletin. Sabine hat mich schon mit großem Erfolg beim Nonstopradrennen XXALPS 2004 betreut.
Dritter im Bunde ist Jürgen. Jürgen kümmert sich um die gesamte Technik und ist auch an der Linse aktiv. Jürgen hat schon Betreuererfahrung bei meiner RaceAcrossAmerica Teilnahme im Jahre 2001 gesammelt.
Durch die überraschende Absage unseres vierten Mannes, des Australiers Nick, nur eine Woche vor dem Beginn unseres geplanten Rekordversuches wird die “Luft ganz dünn“ für die mit 3 Personen extrem kleine Begleitmannschaft.


Jedoch sind alle nach dem langen und anstrengenden Flug in Darwin, unserem Startpunkt, hochmotiviert und erfolgshungrig. Was soll uns also noch bremsen? Mit der Unterstützung von Erhard und seiner Frau Sabine gelingt es uns in 2 Tagen alle nötigen Besorgungen und auch das Aufrüsten des angemieteten Campers zum PSV (personal support vehicel), dem Begleitfahrzeug, zustande zu bringen und uns nebenbei auch gleich noch ein bisschen vom Reisestress zu erholen.




im tropisch heißen Darwin haben Erhard und ich beim Zusammenbau der Räder ordentlich zu schwitzen Wir sind bereit! Sabine, me, Sabine + Erhard voller Zuversicht
Running and rolling...
So starten wir denn am Montag, den 21. August um 6.40 am Morgen, noch bei Dunkelheit an einem Kreisverkehrs in Darwin, welcher als Beginn des Stuart Highways gekennzeichnet ist. Vorher hatten Jürgen und Erhard noch allerlei stressige Momente beim erfolgreichen Reparaturversuch der Kfz-Elektrik, hatte doch irgendeines dieser vielen einzigartigen Tierchen hier in Australien Geschmack an einem Stromkabel des Campers gefunden.

Jetzt rollen wir endlich.


nach den Aussenbezirken von Darwin geht's auch gleich ins Outback


Was mich da wohl erwartet?
Jetzt ist es zuerst mal alles andere als einzigartig. Eben Großstadtverkehr mit dem Fahrrad. Schnell jedoch erreichen wir die Außenbezirke der Metropole des Northern Territory.
Der Verkehr nimmt aber leider nicht gleich im selben Maße ab, wie auch die Landschaft wilder wird. Wobei wild und wild nun mal erst zu definieren ist.
Nichts von der Schroffheit einer Hochgebirgslandschaft.




Es ist hier weitgehend eben in Australien. Der ganze Kontinent ist salopp gesagt nicht viel mehr als eine riesige flache Schüssel, besser ein riesiger Teller, den es zu durchmessen gilt. Es werden wohl kaum die Aaaah- und Ooooh- Momente sein, welche den Eindruck der bevorstehenden endlosen Fahrt definieren, sondern eher der endlos erscheinende Weg durch sich selbst hindurch. Denn, so viel steht fest, erst mal muss ich durch mich selbst hindurch, oder dem Gedanken des Radfahrens besser angemessen, über mich selbst hinüberfahren, um wieder in den Talboden der Realität des Outback zurückzukommen - um es eben zu verstehen.




Erleichtern möchte ich mir das erreichen dieses Seelenzustandes, indem ich mit möglichst wenigen technischen und medizinischen Hilfsmitteln dem „feindlichen Element“ in Augenhöhe entgegentrete. Ich mich mithin als verwundbar darstelle, um damit auch von vornherein gleich einer Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen. Denn kämpfen möchte ich in Wirklichkeit gar nicht, eher mich treiben lassen vom Fluss der Gefühle, welche die vorbeiziehende Eintönigkeit in mir hervorrufen. Hoffentlich spült dieser Fluss meine Entschlossenheit heftig zuzutreten, wegen der nunmehr herrschenden Hitze, vor allem aber aufgrund des heftigen, immer mehr auffrischenden Gegenwindes nicht einfach so weg.


Noch bin ich stark. Das Rad rollt mit schmatzenden und schlürfenden Abrollgeräuschen der Reifen auf dem super extrem rauen Asphaltband in Richtung Süden.
rauh, rauher, am rauhesten - hier rollst extrem schlecht!


Ich lasse mich nicht lumpen und belohne die Tapferkeit des exquisiten Materials mich nicht mit Pannen zu quälen, sowie auch die Mühen meiner 3 Begleiter mich ständig in perfekter Weise mit kühlen Getränken und wohlschmeckenden Speisen zu versorgen mit ordentlichem Tempo. Meist steht eine Zahl mit der 3 beginnend auf dem Radcomputer.

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